
Elisabeth Jung, geboren am 15.03.1921 im alten Haus, das rechts von Heckers (Lieschens) Haus im heutigen Jungs Garten gelegen war.
Eltern
Heinrich Jung geb. 10.11.1891, gest. 27.11.1968
Anna Jung, geb. Poggel (Tigges) geb. 24.03.1891, gest. 04.07.1956
von Beruf Schneidermeisterin
Heinrich und Anna Jung hatten Landwirtschaft und betrieben ab 1928 bis ca. 1965 eine Forstbaumschule. Daneben war Heinrich Jagdaufseher bei Schwermer-Mennekes. Bei einer Treibjagd in der Rüspe hatte er 1931 eine Kugel in den linken Arm bekommen, der zum Glück gerettet werden konnte aber doch lädiert war.
Großeltern
Seite Heinrich Jung:
Anton Jung geb. 1866, gest. Feb. 1920
Anna Jung, geb. Hecker, geb. 23.04.1863, gest. 10.11.1954
Anna Jung war das älteste von 8 Geschwistern und hatte das Haus zusammen mit dem jüngsten Bruder geerbt.
Seite Anna Jung, geb. Poggel (Tigges)
Johann Poggel
Theresia Poggel (Schuiern), geb. Hermes
Geschwister
Mathilde Ostach, geb. Jung, geb. 02.09.1919, gest. 06.12.1985
Toni Jung, geb. 14.05.1923, gest. 15.11.2011
Bernhard Jung, geb. 04.06.1926, gest. 08.01.1945
Bernhard war im Sommer 1943 zum Arbeitsdienst eingezogen worden und nach Ausbildung bei Wien dann in Südfrankreich zum Einsatz gekommen. Er wurde nach der Landung alliierter Truppen im Herbst 1944 gefangen genommen und starb in Gefangenschaft im amerikanischen Militärkrankenhaus in Draguignan am 08.01.1945 an Tuberkulose. Er liegt seit Anfang der 1960er Jahre auf dem Deutschen Soldatenfriedhof Dagneux östlich von Lyon begraben, wohin fast 20000 deutsche Gefallene und auch in Gefangenschaft Verstorbene des 2. Weltkriegs aus dem Süden Frankreichs seit Anfang der 1960er Jahre umgebettet wurden, um die Grabpflege zu erleichtern. Tante Liesel kann sich noch erinnern, dass Bernhard, als er zum Arbeitsdienst einberufen wurde, von der Mutter an der Hand bis zum Heinsberger Bahnhof gebracht wurde. Auch zur Silberhochzeit der Eltern 1943 hatte er keinen Urlaub bekommen und ist auch danach nicht mehr nach Heinsberg zurückgekehrt. Das Grab auf dem Soldatenfriedhof Dagneux Lyon hatte Tante Liesel als Erste Anfang der 1970er Jahre auf einer Busfahrt des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge nach Lourdes besucht. Danach wurde Onkel Bernhards Grab von unserer Familie regelmäßig bei Besuchen von Familie Reynaud aufgesucht, wo Toni Jung fast 3 Jahre – von 1946 bis November 1948 – als Kriegsgefangener auf deren Bauernhof verbrachte. Reynauds wohnen in Südfrankreich in Saint-Marcellin-en-Forez in der Nähe von Saint-Étienne im Departement Loire (42) und nur ca. 80 km östlich des Soldatenfriedhofs. Die Kontakte zu dieser Familie und den Nachkommen des alten Chefs von Toni Jung bestehen bis heute.
Kriegszeiten in Heinsberg
Heinsberg wurde während des Krieges nur wenig beschädigt. Anfang 1945 fielen Bomben hinter der Bahnlinie in der „Hä-uet“, wahrscheinlich durch Notabwurf überfliegender Bomber. Die Detonationen rissen Löcher in die Felder, wobei Fenster in manchen Häusern zu Bruch gingen. Ostern 1945 rückten die Amerikaner über die „Wiemude“ und auch den „Homesweg“ nach Heinsberg ein. Die Familie Jung befand sich zu diesem Zeitpunkt im Keller. Das ganze Haus wurde später von amerikanischen Soldaten in allen Winkeln und Ecken nach Männern und Waffen durchsucht. Aber die Familie konnte im Haus bleiben.
Andere Häuser, wie z.B. „Ge-els“ und „Lieschens“, wurden geräumt und die Bewohner mussten in den umliegenden Nachbarhäusern und eben auch in Jungs neuem Haus für ca. 1 Woche untergebracht werden. So gab es beengte Verhältnisse in der Zeit, als amerikanische Soldaten einquartiert wurden. Nach deren Abzug musste in den zeitweilig beschlagnahmten Häusern zum Teil aufwändig aufgeräumt werden.
Während des Krieges waren in Heinsberg zahlreiche sogenannte Fremdarbeiter aus Polen und der Sowjetunion, vor allem bei den größeren Landwirtschaftsbetrieben wie Schwermer-Mennekes, Kleffmann-Figgen usw. eingesetzt. Tante Liesel kann sich erinnern, dass ihre Mutter manchmal heimlich Essen für diese Menschen mitgab, obwohl das bei Strafe verboten war. Da Tante Liesel bei Schwermer-Mennekes auch auf den Feldern mithalf, hatte sie oft Kontakt zu den polnischen Zwangsarbeitern mit denen sie sich so gut verstand, dass sie mit der Zeit auch polnisch zum Teil verstehen und sprechen konnte. Eine Polin, Sophie, hat ihr z.B. im Herbst beim Korn ernten gezeigt, wie man die Garben ganz schnell binden und dann aufstellen konnte.
Das gute Verhältnis hat dazu geführt, dass polnische Arbeiter selbst nach Kriegsende noch bei der Feldarbeit, im Stall beim Melken der Kühe oder beim Mistausfahren mit den Pferdewagen oder Zugochsen freiwillig weiter geholfen haben, bevor sie in ihre Länder zurück transportiert wurden.
Schulbesuch, Tätigkeiten, Beruf
Zur Zeit ihrer Kindheit gab es noch keinen Kindergarten. Im Alter von 6 Jahren besuchte sie von 1927 bis 1935 die Volksschule in Heinsberg. Es gab drei Schulgebäude in der Nähe der Kirche: die rote, die weiße und die neue Schule. Die ersten 2 Jahre hatte sie Unterricht in der roten Schule bei der Lehrerin Anna Klünker (Beckers Lehrerin), die auch Handarbeiten unterrichtete. Der Lehrer Nolte wohnte in der weißen Schule, wo auch Musik unterrichtet wurde. In der roten Schule war eine Wohnung für die Lehrerin Anna Klünker, die aber zu Hause wohnte und nie darin gewohnt hat, da sie aus Heinsberg stammte. Danach folgten 5,5 weitere Schuljahre bei Lehrer Kowallik in der weißen Schule.
Auch für Kinder war die Mithilfe in Haus und Landwirtschaft selbstverständlich. Sehr oft waren sie als Kinder bei den Großeltern bei Poggel-Tigges, wo sie die Wäsche hinter dem Haus „op de Bloike li-en mochten“. Über mehrere Stunden war dann die Wäsche mit dem Wasser aus der Aa regelmäßig feucht zu halten, damit die Bleiche auch funktionierte. Tante Liesel erinnert sich noch daran, dass der Müller in der Nähe der „Wiabers Brigge“ ihnen zum Ärger Spreu in die Aa abließ, um den Ablauf zu stören.
Nach der Schule hat sie zu Hause in der Baumschule, der Landwirtschaft und im Haushalt gearbeitet: dazu kamen auch eine Anstellung für ein ¾ Jahr in einem Haushalt in Alt-Finnentrop und für noch einmal ca. ½ Jahr in Dortmund. Eine Ausbildung war in dieser Zeit nicht möglich, da sie zu Hause gebraucht wurde.
In den 60er Jahren hat Tante Liesel einen Krankenpflegekursus beim DRK absolviert und danach 18 Jahre im Krankenhaus Altenhundem als Krankenpflegehelferin gearbeitet bis zum Eintritt in den Ruhestand in den 1980er Jahren.
Über viele Jahrzehnte half sie darüber hinaus sowohl bei der Betreuung der eigenen Eltern und Großeltern und später bei der Erziehung ihrer Nichte und Neffen im Haus und auch deren Kinder tatkräftig mit und war immer zur Stelle, wenn Hilfe benötigt wurde.
1937 brannte das alte Haus komplett ab. Es war ein Doppelhaus, in dem links Heckers (Lieschens Haus) und rechts davon Jungs wohnten. Kurz vor dem Brand waren Kartoffeln ausgemacht worden. Brandursache war ungelöschter Kalk, der im Schoppen auf der anderen Straßenseite (heute Parkplatz, davor Garten) als Dünger für die Felder gelagert war. Da ein Sack beschädigt war, wurde der Kalk in einen allerdings noch feuchten Kartoffelsack umgefüllt. Dadurch reagierte der Kalk, wurde heiß und der Schoppen, wo kurz vorher noch 10 Zentner Briketts, Kohlen, Holz und Reisig eingelagert worden waren, brannte komplett ab und das Feuer griff dann auf die beiden Wohnhäuser über. Nach der Entscheidung, kein neues Doppelhaus für 2 Familien wieder aufzubauen, wurde danach das neue Jungs Haus dort gebaut, wo es heute noch steht, da das Grundstück gekauft werden konnte. Lieschens (Heckers) Haus wurde ungefähr an der alten Stelle neu erbaut.
Im alten Haus mussten die Bewohner über die Straße auf die andere Seite zum Schoppen, wo sich auch der Plumpsklo auf der rechten Seite befand. Im Schoppen befand sich auch die Miste, die überdacht war. Der Mist aus dem Stall musste also zuerst auf die Straße geworfen werden und dann weiter auf den Misthaufen im Schoppen.
Sonstiges
Tante Liesel war nach dem Krieg in einer Heinsberger Clique, die sich die „Rabauken“ nannte, wo auch Teidors Alwis, Lutters Alfred, Peitz Theo, Zieten (Josef Jung), Heunderkes Margret, Kirnes Margret, Flepes Erna dabei waren, die sich an den Wochenenden zu gemeinsamen Unternehmungen trafen. Einmal wurde zum gemeinsamen Picknick Erbsensuppe mitgenommen, die aber vor dem gemeinsamen Essen leider sauer geworden war.
Hobbys
Handarbeiten, Häkeln, Stricken. Nähen, Feldarbeit. Tante Liesel war auch immer bei den Heinsberger „Strickefrauen“. Mehrere Busreisen wurden in etwas jüngeren Jahren nach Italien, Süddeutschaland unternommen und auch bereits Anfang der 1970er nach Lourdes mit Besuch des Grabes von ihrem Bruder Bernhard Jung auf dem Soldatenfriedhof Dagneux bei Lyon.
Dorf, heutige Zeiten, frühere Zeiten
Im Dorf hat sich viel geändert. Das Dorf wurde erweitert, die alten Schulgebäude bei der Kirche sind schon lange nicht mehr da. Die Nachbarschaft ist bei weitem nicht mehr so eng wie in früheren Zeiten, wo man sich gegenseitig half und auch in den Nachbarhäusern einfach ein- und ausgehen konnte.
Tipps um 100 Jahre alt zu werden
Eine gewisse Gelassenheit und Ruhe haben, warten können, gesund leben, normal und in Maßen essen und trinken, Freundschaften und Kontakte auch mit jüngeren Leuten pflegen, sich bewegen, immer etwas zu tun haben und vor allem nicht einfach in der Ecke sitzen. Und natürlich vorsichtig sein und auf die Gesundheit achten.

martinslicht@magenta.de

